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13. März 2024

Masernschutzimpfung & Nachweispflicht - Möglichkeiten vor und nach Erlass eines Bußgeldbescheides

Immer wieder erreichen uns Anfragen zur Masernschutzimpfung. Konkret geht es um die Nachweispflicht der Sorgeberechtigten.

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Gem. § 20 Abs. 12 Infektionsschutzgesetz (IfSG) hat der Sorgeberechtigte einen Nachweis darüber vorzulegen, dass:

  1. das Kind entweder vollständig gegen Masern geimpft wurde
  2. oder eine sog. Kontraindikation gegen die Masernimpfung besteht, das Kind also aus medizinischen Gründen nicht gegen Masern geimpft werden kann (hier ist ein ärztliches Attest vorzulegen)

Problematisch sind selbstredend nur die Fälle der Kontraindikation und des gänzlichen Fehlens eines Nachweises.

Herausforderungen bei der Nachweispflicht

Sog. Impfunfähigkeitsbescheinigungen/Atteste zu einer Kontraindikation scheinen die Behörden, ähnlich wie bereits entsprechende Atteste im Rahmen der Corona-Impfung, standardmäßig abzulehnen. Meist erfolgt dies mit folgenden Hinweisen:

  1. Aus dem Attest ergebe sich keine Diagnose.

    Eine solche Anforderung ergibt sich aus dem Gesetz nicht. Hier handelt es sich um sensible Gesundheitsdaten, die die Behörde nichts angehen. Zumal das Attest zunächst auch an eine Einrichtungsleitung geht, die zudem keinerlei fachliche Kompetenz zur Beurteilung einer Diagnose besitzt.

  2. Das Attest sei zeitlich nicht befristet.

    Auch diese Anforderung ergibt sich aus dem Gesetz nicht.

  3. Das Attest müsse der „zuständige“ Kinderarzt ausstellen.

    Auch diese Anforderung ergibt sich aus dem Gesetz nicht.

  4. Eine Unverträglichkeit gegen die Inhalte des Impfstoffes sei nur in wenigen Ausnahmefällen gegeben.

    Hier ist zunächst fraglich, auf welcher wissenschaftlichen Basis diese Aussage beruht. Der Wissenschaft ist zudem immanent, dass sie mehrere, auch konträre Meinungen abbildet. Schaut man auf die identische Aussage in Bezug auf die Corona-Impfungen, besteht hier, mindestens nach neuesten Erkenntnissen, begründeter Anlass zu Zweifeln. Zudem bleibt schleierhaft, wie die Behörden darauf kommen, dass genau der vorliegende Fall nicht zu diesen, von ihr konstatierten wenigen, Ausnahmefällen gehört.

Vorgehen bei einem Bußgeldbescheid

Wir werden häufig erst dann kontaktiert, wenn bereits ein Bußgeldbescheid erlassen oder die Akte gar an das zuständige Amtsgericht/Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde. Auch in diesen Fällen kann man sich noch gegen den Bußgeldbescheid wehren.

Allerdings ist an diesem Punkt bereits die Hälfte des Verfahrens „verschenkt“ worden. Dem Bußgeldbescheid gehen diverse verwaltungsrechtliche Schreiben und ggf. Maßnahmen voraus, die man nicht unbeantwortet lassen sollte. In dem Moment, wo der Bußgeldbescheid erlassen wurde, kann gegen mögliche Fehler im Verwaltungsverfahren nur noch eingeschränkt vorgegangen werden.

Ablauf des Verfahrens

Zunächst kommt ein Aufforderungsschreiben des Landratsamtes, innerhalb einer Frist einen Nachweis vorzulegen. In der Regel als Anhörung gem. § 28 Landesverwaltungsverfahrensgesetz bezeichnet. Und mit einem Hinweis versehen, dass nach erfolglosem Fristablauf ein kostenpflichtiger Bescheid ergehen könne. Das Schreiben stellt nach allgemeiner Meinung keinen Verwaltungsakt dar, auch wenn es als ein solcher daherkommt. Daher sollte man an dieser Stelle bereits einschreiten.

Stellungnahme

Nutzen Sie also die „Anhörung“ und geben eine Stellungnahme ab. Am besten, Sie wenden sich bereits in diesem Stadium an einen Rechtsanwalt.

Wenn die Landratsämter trotz der Stellungnahme weiter vom Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit ausgehen, kommt es zu einer Anhörung zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten. Auch hier sollten Sie eine Stellungnahme abgeben. In dieser können Sie auf bereits zuvor abgegebene Stellungnahmen verweisen und diese ggf. ergänzen.

Zeigt sich das Landratsamt hiervon weiterhin unbeeindruckt (= Regelfall), wird ein Bußgeldbescheid erlassen.

Einspruch gegen den Bußgeldbescheid

Gegen den Bußgeldbescheid können Sie innerhalb von zwei Wochen nach Zugang (= Datum des Erhalts des Bußgeldbescheids, der meist per Postzustellungsurkunde zugestellt wird, auf der das Datum steht) Einspruch einlegen. Geht Ihnen der Bußgeldbescheid z.B. an einem Mittwoch zu, muss der Einspruch spätestens am Mittwoch zwei Wochen später bei der Behörde im Briefkasten sein. Geht Ihnen der Bußgeldbescheid z.B. an einem Freitag zu, muss der Einspruch spätestens am Freitag zwei Wochen später bei der Behörde im Briefkasten sein.

Sie können zunächst schlicht Einspruch einlegen. Eine Begründung kann nachgereicht werden. Das Landratsamt wird dann:

  1. Entweder dem Einspruch abhelfen, also den Bußgeldbescheid zurücknehmen (sehr unwahrscheinlich) oder
  2. Das Verfahren einstellen (ggf. gegen Tragung der Kosten) (auch nicht sehr häufig) oder
  3. Die Akte an die Staatsanwaltschaft abgeben, also an das zuständige Amtsgericht (der wahrscheinlichste Fall). Die Staatsanwaltschaft soll nochmals prüfen, ob der Einspruch zulässig und begründet ist, und könnte diesem theoretisch noch abhelfen (sehr unwahrscheinlich). Hilft sie dem Einspruch nicht ab, kommt es (in fast allen Fällen) dann zur Hauptverhandlung.

Hauptverhandlung

Im Bußgeldverfahren, oft als „kleiner Bruder des Strafverfahrens“ bezeichnet, geht es um die Feststellung ob die vorgeworfene Ordnungswidrigkeit tatsächlich begangen wurde. Das Verfahren gehört allerdings nicht zum Strafrecht, sondern zum Verwaltungsrecht. Das Bußgeld ist keine Strafe im Rechtssinne. Die Verhandlung vor dem Gericht ist kein Strafprozess.

Vor Gericht wird u.a. die Frage geprüft, ob dem Betroffenen die Ordnungswidrigkeit vorgeworfen werden kann. Die Vorwerfbarkeit entspricht im Strafrecht der Frage nach der Schuld. Hier geht es um das Unrechtsbewusstsein und die Verantwortlichkeit.

Es gibt zahlreiche Argumente, die man vortragen kann. Zuletzt half das OLG Celle mit seiner Entscheidung vom 15.02.2024 (NZS 2 Orbs 7/24; 2203 Js 27474/23), das laufende Verfahren auszusetzen, bis das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsgemäßheit des § 20 Abs. 12 IfSG in Bezug auf Schulkinder entschieden hat.

Verfassungsrechtliche Aspekte

Dazu muss man erklären, dass die Rechtsfolge eines nicht bzw. vom Landratsamt nicht anerkannten, vorgelegten Nachweises nicht nur in einem Bußgeld bestehen kann, sondern auch in einer Zutrittsverweigerung zu der entsprechenden Einrichtung. Bei Kita- und Kindergartenkindern bleibt den Eltern dann die (zumindest theoretische) Möglichkeit, das Kind selbst zu betreuen bzw. eine eigene Betreuung zu organisieren. Daher hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Fall bereits entschieden, dass die Nachweispflicht verfassungsgemäß sei.

Bei Schulkindern sieht die Sachlage anders aus: Hier gibt es eine gesetzliche Schulpflicht, die mit einem Zutrittsverbot kollidieren würde. So sieht § 20 Abs. 12 Satz 5 IfSG in diesen Fällen auch vor, dass kein Zutrittsverbot ausgesprochen werden kann.

Über allem steht ohnehin die Frage, wie die bußgeldbewehrte Nichtvorlage eines Nachweises über eine Impfung mit der Aussage zusammenpasst, es gebe keine gesetzliche Impfpflicht. Dies vermag nicht einmal der Gesetzgeber zu beantworten.

Kontaktieren Sie uns

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie bei diesem Thema Unterstützung benötigen. Bitte zögern Sie nicht, dies direkt nach Erhalt des Aufforderungsschreibens des Landratsamtes mit der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme zu tun.

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+49 741 89698771
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