Weiterhin keine gesetzliche Regelung zur Arbeitszeiterfassung - Betriebsräte haben gleichwohl erzwingbares Mitbestimmungsrecht
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Das BAG hatte in seinem Urteil eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erfassung der Arbeitszeiten festgestellt, und diese aus dem Arbeitsschutzgesetz, konkret aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG abgeleitet. Damit folgte das BAG einer inhaltlich übereinstimmenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019.
Reaktionen der Betriebe
Die Betriebe zeigen sich nach zum Teil anfänglicher Aufregung von den Entscheidungen (noch) unbeeindruckt. Ein Teil deswegen, weil die (elektronische) Arbeitszeiterfassung längst zu ihrem betrieblichen Alltag gehört(e). Der andere Teil, weil sie sich darauf berufen, das Urteil beträfe ja nur die an dem Prozess beteiligten Parteien. Letzteres ist allerdings nicht so (rechts)sicher, wie es scheinen mag.
Ungeklärte Fragen und rechtliche Unsicherheiten
Es ist ungeklärt, ob die Aufsichtsbehörden den Arbeitgeber über eine Anordnung nach § 22 Abs. 3 ArbSchG zur Einrichtung einer Zeiterfassung verpflichten können. Zweifelhaft bleibt daher auch, ob bei Nichtbefolgung einer einschlägigen Anordnung ein Bußgeld gegen den Arbeitgeber verhangen werden kann. Die Erfassungspflicht des Arbeitgebers lässt sich jedenfalls aus einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 3 ArbSchG ableiten.
Der einzelne Arbeitnehmer hat auf jeden Fall einen Anspruch auf die Erfassung seiner Arbeitszeit gem. §§ 618, 241 Abs. 2 BGB. Allerdings: Kaum ein Arbeitnehmer fordert in einem bestehenden Arbeitsverhältnis ein solches Recht, ggf. sogar gerichtlich, ein.
Bedeutung der Betriebsräte
Daher sind einmal mehr die Betriebsräte gefragt: Ein – erzwingbares – Mitbestimmungsrecht ergibt sich jedenfalls aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Das heißt, der Betriebsrat kann im Zweifel über die Einrichtung einer Einigungsstelle Einfluss auf die Zeiterfassung nehmen. Bei der Umsetzung gesetzlicher Rahmenvorschriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz kann die Mitbestimmung des Betriebsrats nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass sich der Arbeitgeber von vornherein weigert, dieser Bestimmung überhaupt nachzukommen.
Also: Auch wenn im Rahmen des § 87 BetrVG grundsätzlich der Arbeitgeber über das „Ob“ einer Maßnahme entscheidet, bei § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG liegen die Dinge anders.
Wenn Sie als Betriebsrat Unterstützung in dieser Frage benötigen, kommen Sie gerne auf uns zu.
